Viennale Tagebuch: Klaus Lemke und in 5 Minuten quer durch Wien


Manchmal hat man es sehr eilig auf einem Festival. So ging es mir heute nach oder besser gesagt während des Screenings von „Like Father, Like Son“ von Hirokazu Koreeda. Ich hatte ganze 10 Minuten, um mit dem Rad vom Urania-Kino zum Künstlerhaus zu kommen, um dort meine Karte für „Când se lasa seara peste Bucuresti sau metabolism“ von Corneliu Porumboiu abzuholen. Und ich danke der Polizei, dass niemand mich wegen Überfahrens einer roten Ampel aufgehalten hat. Das eigentlich traurige daran, was mir immer wieder negativ aufstößt ist, dass man keine Zeit hat die Filme wirklich auf sich wirken zu lassen. Es wird recht schnell zu einem einheitlichen Brei, den man da isst, ein regelrechter Konsum, der geprägt wird von Abgabestress, der Angst etwas zu verpassen und der steigenden Irrelevanz des individuellen Films. Also stürmte ich am Ende des interessanten, manchmal guten, aber meistens sterilen und steifen Themenfilms „Like Father, Like Son“ aus dem Kino. Am Anfang hatte er mich mit seinen interessanten Figurenkonstellationen und seiner mehr als spannenden Ausgangsposition einer Familie, die erfährt, dass ihr sechsjähriges Kind nicht ihr biologisches Kind ist, gefesselt. Bei der Geburt wurden Kinder vertauscht und nun beginnen die beiden Familien sich regelmäßig zu treffen, um über einen etwaigen Rücktausch nachzudenken. Aber mehr und mehr werden die lebendigen Charaktere zu Stereotypen unterschiedlicher Auffassung von Erziehung. Man hat fast das Gefühl in einer ernsteren Variante von „Meet the Parents“ zu sitzen und schließlich fokussiert sich der Film ganz auf eine zum Teil mit albern symbolischen Bildern unterstützte Abhandlung über die Wichtigkeit von Blutsverwandtschaft und Erziehung. Die schönen Momente sind jene der Entfremdung, wenn die Eltern versuchen Kontakt zu ihren biologischen Kindern aufzubauen. Es gibt Anklänge von „A.I. – Artificial Intelligence“ von Steven Spielberg und man beginnt sich zu fragen, was ein Regisseur wie Giorgos Lanthimos mit einem solchen Stoff gemacht hätte.
Dagegen hat mich „Când se lasa seara peste Bucuresti sau metabolism“ voll überzeugt. (Meine Besprechung) Nach dem Screening stand Porumboi für ein Q&A bereit und gab Einblicke in seinen Arbeitsprozess. Der Film sei in erster Linie persönlich, aber natürlich auf keinen Fall autobiografisch. Viel Zeit würde er ins Casting investieren und er versucht auch viel zu Proben. Dennoch drehte er manche seiner langen Szenen bis zu 20-mal. Er sei sich der komödiantischen Aspekte seiner Filme absolut bewusst und in dieser Mischung aus Drama und Ernst würde sich wohl seine eigene Persönlichkeit spiegeln. Die hohe Qualität des rumänischen Kinos der letzten Jahre hat für ihn etwas mit der Leidenschaft für das Kino unter seinen Kollegen zu tun. Ein sehr interessanter Aspekt, wie ich finde, der  den Fokus von der Politik hin zur Filmpolitik legt und irgendwie auch seinen eigenen Film unterstützt. Das Wissen vom Kino und die Leidenschaft dafür als Ausgangspunkt fürs Filmemachen. Vor dem Kino erwartete mich dann noch ein besonderes Highlight. Aus einigen Limousinen stiegen Cast und Crew von Klaus Lemkes  „Kein grosses Ding“ samt dem Regisseur selbst. Ein Zirkus bot sich vor mir auf, der wohl direkt aus dem Film selbst stammen könnte. Sie kletterten über Zäune, sprangen auf den Bahnschienen herum, schrien, tanzten, küssten sich und Klaus Lemke, in der Dunkelheit Wiens mit Sonnenbrille, grinste lässig cool. Im Hintergrund ging Corneliu Porumboiu mit dicker Jacke nüchtern vorbei.

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