Alles nur Geschwätz: I Basilischi von Lina Wertmüller

Schleichend bewegen sich die Bilder in Lina Wertmüllers Erstlingswerk I Basilischi. Immer und immer wieder verfolgt die Kamera den trägen Gang der drei männlichen Protagonisten Antonio (Antonio Petruzzi), Francesco (Stefano Satta Flores) und Sergio (Sergio Ferranino) durch die engen, labyrinthartigen Gassen des Dorfes, in dem diese aufgewachsen sind. An jeder Ecke lungern Männer, die es ihnen gleichtun. Weder haben sie Arbeit noch Aussicht auf eine. So vergehen die Tage, die sich offenbar durch nichts unterscheiden. Sie fließen ineinander über. Was in einem Moment noch hoffnungsvoll erscheint, entschwindet sogleich. Nichts lässt sich festhalten, alles zieht vorbei. Als stünden sie am Ufer eines Flusses, in dem eine Flaschenpost treibt, sehen die Menschen in diesem Film der Welt, von der sie abgeschieden leben, hinterher. Nur eine einzige Straße schlängelt sich ihren Weg auf den Berg, wo die verschlafene Ortschaft liegt. Sie führt direkt ins Zentrum, vor eine Bar. Einen Platz, wie es ihn wohl überall gibt, an dem sich die Unsäglichkeit des alltäglichen Trotts für kurze Zeit zerstreut. Vor allem dort ist das Unausgesprochene zu hören, wofür der Film am Ende trotzdem Worte findet: Alles sei nur Geschwätz.

Nicht gerade zufällig taucht an diesem Platz in der Mitte des Films auf einmal eine Kamera in den Händen einer fremden Frau – Luciana (Flora Carabella) – auf. In Begleitung von Antonios Tante aus Rom gelangt sie an diesen Ort. Sie spricht von der vergangenen Geschichte eines Aufstandes revolutionärer Arbeiter in diesem Dorf, von denen sie in einem Buch las. Mit ihrer Kamera hält sie Eindrücke fest, aber wenige Augenblicke später ist sie wieder verschwunden. Können ihre Bilder vom Geschwätz dieses Ortes viel erzählen? Vor ihrem Objektiv spielt sich auf dem Platz und in den Gassen eine Versammlung ab: Die Kommunistische Partei versucht eine Genossenschaft zu gründen, mit dem Ziel, durch vergesellschaftetes Land Arbeitsplätze in der Landwirtschaft zu schaffen. Während sich einige Männer am Rand der Demonstration stattdessen die starke Hand des faschistischen Staates zurückwünschen, weichen andere den Fragen hinsichtlich der Probleme aus, obwohl sie direkt von jenen betroffen sind. Über Politik soll nicht gesprochen werden. Für die ahnungslose Verstocktheit der Menschen hat Luciana nur ein müdes, verächtliches Lächeln übrig. Antonio wird seiner Tante und der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Rom folgen, um dann doch zurückzukehren.

Auch wenn dieses merkwürdige Zwischenspiel nur von kurzer Dauer in diesem Film ist, stellt es doch vieles infrage. Was innerhalb des Dorfes so lang als real erschien, wird durch den Blick von Lucianas Kamera auf eine seltsame lakonische Weise fiktional. Man denkt, es könnte ebenso der Blick von Lina Wertmüller selbst sein. Als bloßes Bild zwischen den alten Mauern mag das Geschwätz seine anschauliche Selbstverständlichkeit behalten. Aber hört man einen Moment länger zu oder lässt eine Einstellung länger stehen, tritt das große Vielleicht hinter den Worten hervor: Vielleicht könnte auch alles anders sein. Der Film unterscheidet sich dabei manchmal kaum von dem, was tagtäglich um uns herum gesprochen wird. Hinter der Belanglosigkeit der gesprochenen Wörter wird begreifbar, warum diese Leute reden, was sie reden.

Zurzeit stelle ich mir immer wieder die Frage, was es bedeutet über seine gesehenen Filme pedantisch und öffentlich Buch zu führen, wie etwa auf Letterboxd. Einerseits dient es der eigenen Erinnerung, andererseits bietet es auch einen Anlass für Diskussionen mit anderen. Oft scheint hinter der Selbstverständlichkeit dieses Umgangs ebenso ein großes Vielleicht zu liegen, das von einem instrumentellen Verhältnis überschattet wird. Vielleicht sind die Filme doch nicht so unmittelbar Teil des eigenen Lebens, wie man es sich gern wünscht. Und vielleicht bleibt deshalb auch die Suche nach dem Außergewöhnlichen in ihnen, das man wahrscheinlich nur selbst erkennen kann, viel zu oft unerreicht. In Diskussionen fehlen mir meist die Worte und höre lieber zu. Dabei fällt mir auf, dass dieses Gerede über den Film gewissermaßen zu dessen zweiter Haut wird. Jeder Satz ist zwar von sich aus verschieden, aber zusammen ergeben sie trotzdem ein gemeinsames Bild. Es gehört einfach dazu über Filme zu sprechen, aber mehr auch nicht?

Als Antonio sein Dorf verließ, sehnte er sich nicht nur nach einer sicheren Anstellung, sondern ebenso nach einem aufregenderem Leben. Allerdings suchte er nach etwas, das ihn nicht zufriedenstellen konnte. Stattdessen zog es ihn wieder zurück an den Ort, von dem er floh. Einen Grund dafür kann er nicht liefern, weil er ihn vielleicht auch selbst nicht kennt. Er kann nur Geschichten von einem Leben erzählen, das er sich erträumt zu leben. Obwohl die Bewohner des Dorfes reden, als würden sie ihren eigenen Worten keinen Glauben schenken, verstehen sie dennoch sehr gut, was die Menschen um sie herum meinen. Denn schließlich reden alle vom selben, nur in unterschiedlichen Sprachen, Antonio in der des Träumens. So klar die Bildsprache des Films scheint, rationalisiert sie nie ihre Sicht auf die Probleme der Menschen. Es gelingt dem Film, sich nicht von der allgemeinen Resignation vereinnahmen zu lassen, er sucht immer wieder nach Auswegen.

Die Geister, die ich rief: Tagebuch einer Verlorenen von G.W. Pabst

Tagebuch einer Verlorenen von G.W. Pabst

Geister der Vergangenheit, Phantome der Filmgeschichte. Wenn Filme miteinander in Dialog treten ist das immer eine spannende Sache. Während im Zeughauskino weiter die Autorinnen der 60er das Sagen haben, zeigte das Arsenal Kino Sonntagabend Georg Wilhelm Pabsts Tagebuch einer Verlorenen. Pabst ist natürlich keine Frau, sondern ein Mann, aber Thymian Henning (Louise Brooks in eine ihrer größten Rollen), die titelgebende Verlorene, ist eine Figur, die in vielerlei Hinsicht den Frauenfiguren der Autorinnen rund vierzig Jahre später voranschreitet.

Zunächst scheint Thymians Welt noch von Männern und der patriarchalischen Gesellschaft bestimmt. Sie wird vom Angestellten ihres Vaters vergewaltigt und geschwängert. Dieser will sie nicht heiraten und so schiebt sie der Familienrat ins Reformhaus ab. Ja die Familienehre, die muss um jeden Preis hochgehalten werden. Die naive Thymian wächst in der Erziehungsanstalt zur Heldin heran. Sie will raus aus diesen ungastlichen Mauern, zurück in die Welt, zurück zu ihrem Kind und etwas aus ihrem Leben machen. Der Schlafsaal wird schließlich zum Ort der Rebellion (wie bei Jean Vigo, einem anderen großer Virtuosen des harmonischen, fließenden Lichtspiels). Zusammen mit ihrer Freundin Erika büxt sie aus und landet schließlich im Bordell. Ein paar tragische Todesfälle später und Thymian kehrt als Gräfin an den Schauplatz ihres Erwachens zurück. In einer letzten großen Geste, der endgültige Triumph: Ihre Freundin Erika ist wieder in dieser menschenverachtenden Erziehungsanstalt gelandet. Thymian will die Heuchlerei der adeligen Damen, die sie in ihren Weltverbessererverein aufgenommen haben nicht mitmachen, stellt sich schützend vor Erika und nimmt sie einfach mit, denn „auch ich war einmal, was sie jetzt ist“.

Anders als die Heldinnen der Autorinnenfilme der 60er Jahre, behält Thymian die Oberhand. Obwohl sie zunächst den Männern hilflos ausgeliefert ist, folgt ein umso radikaleres Erwachen, das in Revolte gegen Scheinheiligkeit und Bourgeoisie endet. Thymian ist Klassenkämpferin und Suffragette und nimmt sich schließlich eiskalt was sie braucht, indem sie das Mitleid und die Schuldgefühle des alten Grafen, der sie aufnimmt zu ihrem Vorteil nutzt. Zwar bleibt sie dadurch abhängig von dessen finanziellen Mitteln (auch Thymians Emanzipation ist nicht vollständig), doch ihr Handeln ist kompromisslos. Anders als die Belle Starr aus Lina Wertmüllers Il mio corpo per un poker gibt sie nicht ihren Gefühlen für einen Mann nach. Anders als die Eva in O něčem jiném bleibt sie nicht in der Maschinerie gefangen, die ihr selbst das Leben vermiest hat. Anders als die Antigone in Liliana Cavanis I cannibali, muss sie ihren Aufstand nicht mit dem Leben bezahlen. Und anders als Nelly Kaplans Marie in La fiancée du pirate, muss sie ihre Freiheit nicht mit ihrem Körper erkaufen.

Tagebuch einer Verlorenen von G.W. Pabst

In einem entscheidenden Punkt bleibt Thymian jedoch hinter all jenen späteren Figuren zurück: Sie ist keine Frau, sondern eine Traumgestalt. Selbst in der Tristesse der Beziehungsanstalt behält sie ihr gestyltes Äußeres, nachdem sie die Schwierigkeiten ihres Lebens einmal überwunden hat, fällt ihr alles ganz einfach zu. In Büchse der Pandora ließ er Brooks‘ Figur noch elendiglich zugrunde gehen, nun bleibt sie Siegerin – ist das Inkonsequenz oder passt diese Wendung des Schicksals in das Gesamtbild des Films, dieses märchenhafte Konstrukt? Tagebuch einer Verlorenen ist ein doppelter Schwanengesang: 1929 als die Weltwirtschaftskrise das Ende der Roaring Twenties einläutete und die Filmemacher die (Stumm-) Filmkunst perfektioniert hatten, findet die gleitende, über alle Zweifel erhabene Montagekunst Pabsts ihr Ende. Die Einführung des Tonfilms sorgte für neue Herausforderungen, die zu einem neuen, sehr spannenden Stück Filmgeschichte führen. Auch inhaltlich scheint eine Geschichte wie jene von Thymian in den frühen 30ern undenkbar (ein Schicksal, dass sie mit Harold Lloyd teilt); die Zeit der Märchen war bis auf weiteres vorbei.

Der ominöse „weibliche Blick“

Eva Bosáková in O něčem jiném

Im Zeughauskino in Berlin zelebriert man dieser Tage die erste Welle von weiblichen Filmemacherinnen, die sich in den 60er Jahren in der männerdominierten Filmwelt durchsetzen konnten. Fünfundzwanzig Filme von zwanzig europäischen Regisseurinnen werden mit umfangreichem Begleitprogramm präsentiert. Viele dieser Filme sind Wiederentdeckungen, die lange nicht mehr zu sehen waren oder überhaupt zum ersten Mal auf deutschem Boden gezeigt werden. Sie sind in einer Welt entstanden, in der Frauen in der Produktion und Distribution von Filmen benachteiligt werden. Die jahrelange Marginalisierung von Frauen in der Filmkunst, die wie keine andere Kunstform von finanziellen Rahmenbedingungen abhängt, ist beklagenswert. Wie viele Meisterwerke sind durch die Ausgrenzung großer Künstlerinnen verloren gegangen?

O něčem jiném von Věra Chytilová

O něčem jiném von Věra Chytilová

Immer wieder wird in Diskussionen dabei der „weibliche Blick“ beschworen. Dieser ominöse „weibliche Blick“ soll Filmemacherinnen ureigen sein und sich als ästhetische Konstante durch deren Werk ziehen. Wenn auf den großen Festivals ein Film einer Regisseurin für Furore sorgt, oder sich in den Arthauskinos ein Film einer Frau besonders gut verkauft, dann dominiert er die Berichterstattung. Ähnlich wie Filmemacher mit Migrationshintergrund oder nicht-weißer Hautfarbe gerne auf diese Eigenschaft reduziert werden, ist es im filmischen Diskurs gelungen Filmemacherinnen auf den „weiblichen Blick“ zu reduzieren. Nach einem Screening ihres Films Le Meraviglie konstatierte Alice Rohrwacher, selbst wenn sie einen Film machen würde, indem pausenlos Menschen mit Maschinengewehren niedergemäht werden, wäre nur eine Aufnahme einer Blumenwiese im Film, würde man ihr einen „female gaze“ unterstellen. Dabei wird dann gerne darauf vergessen, dass diese Filme nicht ihre „Weiblichkeit“ auszeichnet, sondern ihre Qualität. Als kürzlich nach dem Tod Chantal Akermans hervorgehoben wurde, dass sie die bedeutsamste feministische Filmemacherin war, wurde ganz darauf vergessen, dass sie darüber hinaus „eine der größten und bedeutendsten Künstlerinnen (unabhängig ihres Geschlechts)“ war, wie es Patrick in seinem Nachruf für kino-zeit.de formulierte. Am Beispiel Akermans wird ohnehin deutlich, dass eine Filmemacherin, auch wenn sie als größte feministische Filmemacherin gepriesen wird, nie nur Frau ist, sondern sich ihre Perspektive (oder ihr Blick, wenn man so will), immer aus verschiedenen Erfahrungen zusammensetzt; Akerman ist Frau/Mädchen, Jüdin, geprägt durch ihre Kindheitstage in Armut und ihr wechselvolles Verhältnis zu ihren Eltern. Der Begriff des „weiblichen Blicks“ ist insofern irreführend, als er dazu verleitet anzunehmen, dass Frauen durch ihr zartes, feinfühliges Innenleben automatisch eine bestimmte Form von Filmbildern, eine bestimmte Ästhetik bevorzugen. Das ist bullshit. Genauso fehlgeleitet, wie der Versuch, die restlichen 90 oder mehr Prozent, aller gedrehten Filme unter dem Begriff eines „männlichen Blicks“ subsumieren zu wollen. Ohne Zweifel wird man die Blumenwiese finden, wenn man sie sucht, genauso den Phallus. Geht man in der Thesenbildung von einer patriarchalischen Struktur im „männlichen Blick“ aus, so wird man fündig werdenSelbstverständlich unterscheiden sich Filme von Frauen in gewissen Punkten von den Werken ihrer männlichen Kollegen und selbstverständlich ähneln sie sich dafür untereinander in sehr vielen Punkten, aber das liegt weniger an einer verborgenen Sentimentalität oder typisch weiblichen Charakterzügen, die ihre Filme prägen, sondern an der Welt in der sie leben. Mit der Marxismus-Keule in der Hand könnte man von Determinierung sprechen.

Ein Künstler oder eine Künstlerin (es gibt sicherlich Ausnahmen) projiziert immer Bestandteile ihres Lebensumfelds in ihr Werk. Bei manchen ist das offensichtlich, bei manchen wirkt es verborgen. Frauen leben in einer Welt, die es ihnen in vielerlei Hinsicht nicht leicht macht. Dies trifft umso mehr auf Frauen in den 60er Jahren zu. Dementsprechend findet sich in Filmen von Frauen oft ein Abbild dieser Verhältnisse. Sie verarbeiten ihre Lage, ihre Ängste, ihre Probleme mittels ihrer Filme. Bei den Pionierinnen weiblichen Filmschaffens, denen diese Schau gewidmet ist, finden sich vermehrt solche Motive, denn die Lebenserfahrung dieser Frauen als Filmemacherinnen war bestimmend für ihr Filmschaffen. Diese Erfahrungen unterschieden sich sehr stark von jenen ihrer männlichen Kollegen – Frauen arbeiteten in einem fremden und diskriminierenden Umfeld, ob in Frankreich, Ungarn oder der Tschechoslowaki, deshalb finden sich trotz nationaler und kultureller Unterschiede Verbindungslinien zwischen ihren Filmen. In Opposition zu den Filmen männlicher Regisseure, wo es zumeist um Männer geht, handeln ihre Filme oft von Frauen und ihren Alltagserfahrungen, im Speziellen ihrem Arbeitsleben und ihren (sexuellen) Sehnsüchten. Die Andersartigkeit dieser Filme ist also bedingt durch die alternative Perspektive auf die Welt, die diese Frauen mittels ihrer Filme teilen, und nicht mit einem „weiblichen Blick“, der eine bestimmte Ästhetik zur Folge hat. In weiterer Folge werde ich also vermeiden einen „weiblichen Blick“ in der Bildsprache dieser Filmemacherinnen herbeizuimaginieren, sondern ihre Filme als das zu beschreiben, was sie sind: gute, mitunter auch großartige Werke.

Neun Leben hat die Katze von Ula Stöckl

Neun Leben hat die Katze von Ula Stöckl

Věra Chytilovás O něčem jiném ist ein Musterbeispiel für einen Film, der die Lebenswelt der Frau thematisiert und fassbar macht. Ursprünglich als Film über die damalige Weltklasseturnerin Eva Bosáková konzipiert, geht Chytilová weit über die Konventionen des biografischen Films hinaus. Zwar lässt sich der Film problemlos innerhalb der Nová vlna verorten – reduzierte, kontraststarke Schwarz-Weiß-Bilder, eine nicht ungetrübte Sicht auf die Lebensverhältnisse in der damaligen Tschechoslowakei und eingestreut, ein paar formal sehr wagemutige Montagesequenzen und raffinierte Kameraeinstellungen – doch im Umgang mit seinen Figuren und deren Lebenswelt ist der Film außergewöhnlich. An die Seite Bosákovás, die sich im Film selbst spielt, stellt Chytilová eine zweite weibliche Figur. Die beiden Frauen begegnen sich nie, ihre Geschichten laufen parallel nebeneinander, führen nie zusammen, kommentieren sich jedoch gegenseitig. In beiden Fällen geht es um den Terror der weiblichen Existenz. Zum einen manifestiert sich dieser Terror in Evas täglichem Training, der Monotonie, den Erwartungen, die in sie gesetzt werden und die sie ermüden, die Fremdbestimmung durch ihre Trainer. Zum anderen ist da die tägliche Hölle der Věra, die als Hausfrau für ihren Sohn sorgt und gleichzeitig auch ihren Ehemann bemuttern muss. Chytilová zeichnet die ständig wiederholenden, entwürdigenden und nervenaufreibenden Alltagstätigkeiten der Věra in hektisch geschnittenen Montagesequenzen nach, wohingegen das Training der Eva in langen Einstellungen gezeigt wird, in denen sich die gleichen Bewegungsmuster wiederholen. Beide hadern sie mit ihrem Schicksal – Eva kündigt schließlich ihren Rücktritt vom Leistungssport an, Věra nimmt sich einen Liebhaber – schlussendlich können sie ihrem Leben aber beide nicht entfliehen. Eva arbeitet nach ihrer aktiven Laufbahn als Trainerin weiter, Věra bettelt ihren Ehemann an, bei ihr zu bleiben, als dieser ihr von seiner eigenen Affäre berichtet. Es gelingt ihnen also nicht die diskriminierenden Strukturen zu durchbrechen, doch sie testen ihre Grenzen aus und nehmen sich innerhalb des einengenden Systems ihre Freiheiten. Chytilovás zeichnet ihre Frauenfiguren weder als Revolutionärinnen, noch als Märtyrinnen, sondern die Veränderung im Kleinen ist ihr Programm, ähnlich wie in anderen Filmen der Reihe, wie Nelly Kaplans La fiancée du pirate, Ula Stöckls Neun Leben hat die Katze oder Lina Wertmüllers Il mio corpo per un poker. Es gilt, das System von innen heraus zu verändern.

Im Zeughauskino in Berlin zelebriert man dieser Tage die erste Welle von weiblichen Filmemacherinnen, die sich in den 60er Jahren in der männerdominierten Filmwelt durchsetzen konnten. Fünfundzwanzig Filme von zwanzig europäischen Regisseurinnen werden mit umfangreichem Begleitprogramm präsentiert. Viele dieser Filme sind Wiederentdeckungen, die lange nicht mehr zu sehen waren oder überhaupt zum ersten Mal auf deutschem Boden gezeigt werden. Sie sind in einer Welt entstanden, in der Frauen in der Produktion und Distribution von Filmen benachteiligt werden. Die jahrelange Marginalisierung von Frauen in der Filmkunst, die wie keine andere Kunstform von finanziellen Rahmenbedingungen abhängt, ist beklagenswert. Wie viele Meisterwerke sind durch die Ausgrenzung großer Künstlerinnen verloren gegangen?

O něčem jiném von Věra Chytilová

O něčem jiném von Věra Chytilová

Immer wieder wird in Diskussionen dabei der „weibliche Blick“ beschworen. Dieser ominöse „weibliche Blick“ soll Filmemacherinnen ureigen sein und sich als ästhetische Konstante durch deren Werk ziehen. Wenn auf den großen Festivals ein Film einer Regisseurin für Furore sorgt, oder sich in den Arthauskinos ein Film einer Frau besonders gut verkauft, dann dominiert er die Berichterstattung. Ähnlich wie Filmemacher mit Migrationshintergrund oder nicht-weißer Hautfarbe gerne auf diese Eigenschaft reduziert werden, ist es im filmischen Diskurs gelungen Filmemacherinnen auf den „weiblichen Blick“ zu reduzieren. Nach einem Screening ihres Films Le Meraviglie konstatierte Alice Rohrwacher, selbst wenn sie einen Film machen würde, indem pausenlos Menschen mit Maschinengewehren niedergemäht werden, wäre nur eine Aufnahme einer Blumenwiese im Film, würde man ihr einen „female gaze“ unterstellen. Dabei wird dann gerne darauf vergessen, dass diese Filme nicht ihre „Weiblichkeit“ auszeichnet, sondern ihre Qualität. Als kürzlich nach dem Tod Chantal Akermans hervorgehoben wurde, dass sie die bedeutsamste feministische Filmemacherin war, wurde ganz darauf vergessen, dass sie darüber hinaus „eine der größten und bedeutendsten Künstlerinnen (unabhängig ihres Geschlechts)“ war, wie es Patrick in seinem Nachruf für kino-zeit.de formulierte. Am Beispiel Akermans wird ohnehin deutlich, dass eine Filmemacherin, auch wenn sie als größte feministische Filmemacherin gepriesen wird, nie nur Frau ist, sondern sich ihre Perspektive (oder ihr Blick, wenn man so will), immer aus verschiedenen Erfahrungen zusammensetzt; Akerman ist Frau/Mädchen, Jüdin, geprägt durch ihre Kindheitstage in Armut und ihr wechselvolles Verhältnis zu ihren Eltern. Der Begriff des „weiblichen Blicks“ ist insofern irreführend, als er dazu verleitet anzunehmen, dass Frauen durch ihr zartes, feinfühliges Innenleben automatisch eine bestimmte Form von Filmbildern, eine bestimmte Ästhetik bevorzugen. Das ist bullshit. Genauso fehlgeleitet, wie der Versuch, die restlichen 90 oder mehr Prozent, aller gedrehten Filme unter dem Begriff eines „männlichen Blicks“ subsumieren zu wollen. Ohne Zweifel wird man die Blumenwiese finden, wenn man sie sucht, genauso den Phallus. Geht man in der Thesenbildung von einer patriarchalischen Struktur im „männlichen Blick“ aus, so wird man fündig werden; dieses Verzetteln in absurden geschlechterspezifischen ästhetischen Kategorien, das ist die große Verirrung der feministischen Filmtheorie. Selbstverständlich unterscheiden sich Filme von Frauen in gewissen Punkten von den Werken ihrer männlichen Kollegen und selbstverständlich ähneln sie sich dafür untereinander in sehr vielen Punkten, aber das liegt weniger an einer verborgenen Sentimentalität oder typisch weiblichen Charakterzügen, die ihre Filme prägen, sondern an der Welt in der sie leben. Mit der Marxismus-Keule in der Hand könnte man von Determinierung sprechen.

Ein Künstler oder eine Künstlerin (es gibt sicherlich Ausnahmen) projiziert immer Bestandteile ihres Lebensumfelds in ihr Werk. Bei manchen ist das offensichtlich, bei manchen wirkt es verborgen. Frauen leben in einer Welt, die es ihnen in vielerlei Hinsicht nicht leicht macht. Dies trifft umso mehr auf Frauen in den 60er Jahren zu. Dementsprechend findet sich in Filmen von Frauen oft ein Abbild dieser Verhältnisse. Sie verarbeiten ihre Lage, ihre Ängste, ihre Probleme mittels ihrer Filme. Bei den Pionierinnen weiblichen Filmschaffens, denen diese Schau gewidmet ist, finden sich vermehrt solche Motive, denn die Lebenserfahrung dieser Frauen als Filmemacherinnen war bestimmend für ihr Filmschaffen. Diese Erfahrungen unterschieden sich sehr stark von jenen ihrer männlichen Kollegen – Frauen arbeiteten in einem fremden und diskriminierenden Umfeld, ob in Frankreich, Ungarn oder der Tschechoslowaki, deshalb finden sich trotz nationaler und kultureller Unterschiede Verbindungslinien zwischen ihren Filmen. In Opposition zu den Filmen männlicher Regisseure, wo es zumeist um Männer geht, handeln ihre Filme oft von Frauen und ihren Alltagserfahrungen, im Speziellen ihrem Arbeitsleben und ihren (sexuellen) Sehnsüchten. Die Andersartigkeit dieser Filme ist also bedingt durch die alternative Perspektive auf die Welt, die diese Frauen mittels ihrer Filme teilen, und nicht mit einem „weiblichen Blick“, der eine bestimmte Ästhetik zur Folge hat. In weiterer Folge werde ich also vermeiden einen „weiblichen Blick“ in der Bildsprache dieser Filmemacherinnen herbeizuimaginieren, sondern ihre Filme als das zu beschreiben, was sie sind: gute, mitunter auch großartige Werke.

Neun Leben hat die Katze von Ula Stöckl

Neun Leben hat die Katze von Ula Stöckl

Věra Chytilovás O něčem jiném ist ein Musterbeispiel für einen Film, der die Lebenswelt der Frau thematisiert und fassbar macht. Ursprünglich als Film über die damalige Weltklasseturnerin Eva Bosáková konzipiert, geht Chytilová weit über die Konventionen des biografischen Films hinaus. Zwar lässt sich der Film problemlos innerhalb der Nová vlna verorten – reduzierte, kontraststarke Schwarz-Weiß-Bilder, eine nicht ungetrübte Sicht auf die Lebensverhältnisse in der damaligen Tschechoslowakei und eingestreut, ein paar formal sehr wagemutige Montagesequenzen und raffinierte Kameraeinstellungen – doch im Umgang mit seinen Figuren und deren Lebenswelt ist der Film außergewöhnlich. An die Seite Bosákovás, die sich im Film selbst spielt, stellt Chytilová eine zweite weibliche Figur. Die beiden Frauen begegnen sich nie, ihre Geschichten laufen parallel nebeneinander, führen nie zusammen, kommentieren sich jedoch gegenseitig. In beiden Fällen geht es um den Terror der weiblichen Existenz. Zum einen manifestiert sich dieser Terror in Evas täglichem Training, der Monotonie, den Erwartungen, die in sie gesetzt werden und die sie ermüden, die Fremdbestimmung durch ihre Trainer. Zum anderen ist da die tägliche Hölle der Věra, die als Hausfrau für ihren Sohn sorgt und gleichzeitig auch ihren Ehemann bemuttern muss. Chytilová zeichnet die ständig wiederholenden, entwürdigenden und nervenaufreibenden Alltagstätigkeiten der Věra in hektisch geschnittenen Montagesequenzen nach, wohingegen das Training der Eva in langen Einstellungen gezeigt wird, in denen sich die gleichen Bewegungsmuster wiederholen. Beide hadern sie mit ihrem Schicksal – Eva kündigt schließlich ihren Rücktritt vom Leistungssport an, Věra nimmt sich einen Liebhaber – schlussendlich können sie ihrem Leben aber beide nicht entfliehen. Eva arbeitet nach ihrer aktiven Laufbahn als Trainerin weiter, Věra bettelt ihren Ehemann an, bei ihr zu bleiben, als dieser ihr von seiner eigenen Affäre berichtet. Es gelingt ihnen also nicht die diskriminierenden Strukturen zu durchbrechen, doch sie testen ihre Grenzen aus und nehmen sich innerhalb des einengenden Systems ihre Freiheiten. Chytilovás zeichnet ihre Frauenfiguren weder als Revolutionärinnen, noch als Märtyrinnen, sondern die Veränderung im Kleinen ist ihr Programm, ähnlich wie in anderen Filmen der Reihe, wie Nelly Kaplans La fiancée du pirate, Ula Stöckls Neun Leben hat die Katze oder Lina Wertmüllers Il mio corpo per un poker. Es gilt, das System von innen heraus zu verändern.

In Neun Leben hat die Katze sehen sich die Protagonistinnen schließlich mit einem ähnlichen Dilemma konfrontiert. Die Welt geht einfach weiter, das System beschneidet weiter ihr Leben, die Welt ist ein Kreislauf, doch dieser schließt Veränderung und Ausbrechen nicht kategorisch aus. Der Film beginnt im Auto, Katharinas französische Freundin Anne ist gerade in München angekommen. Nur langsam erschließt sich durch die sprunghafte, episodische Struktur das Umfeld dieser vielschichtigen Frauen. Sie sind der Fokus des Films, die Männer sind schablonenhafte, farblose Stereotypen; die Kräfteverhältnisse sind also umgekehrt. Während im Film zumeist Frauen auf bestimmte Rollenbilder reduziert werden, und dadurch wenig lebendig wirken, sind es hier die Männer (ein ähnliches Schicksal erleiden die Männer in O něčem jiném). Die Umkehrung der Verhältnisse ist ein Hauptmotiv in Neun Leben hat die Katze. In surrealistischen Einschüben werden die verborgenen Sehnsüchte, die Fantasien (keine Männerfantasien) von Anne und Katharina präsentiert. Sie unterhalten sich in einem Jargon, der typisch ist für die Generation junger Filmemacher der 60er Jahre, die durch die Nouvelle Vague inspiriert sind, und auch aus der Feder Godards stammen könnte. Beide Frauen sind emanzipiert und nehmen sich Freiheiten, aber auch sie müssen sich schließlich dem System geschlagen geben. Der Film endet wieder mit einer Autofahrt, diesmal sind es aber zwei Männer, die wir auf einer Sonntagsfahrt begleiten. Das Roadmovie durch das Leben der beiden Frauen nimmt schlagartig ein Ende. Sie haben die Oberhand über die Narration verloren, auch sie konnten die Strukturen nur biegen, Grenzen austesten, aber nicht zerschlagen. Veränderung findet auch hier nicht als Revolution, sondern im Kleinen statt.

Ähnlich verhält es sich bei Belle Starr, der Heldin in Lina Wertmüllers Spaghetti-Western Il mio corpo per un poker, dem einzigen Film dieses Genres, der von einer Frau gedreht wurde. Belle ist eine berüchtigte Revolverheldin, sie pokert, raucht Zigarren, duelliert sich und steht ihren männlichen Kontrahenten in nichts nach. Sie nimmt sich in der Männerdomäne des Wilden Westens was sie will, denn dort gilt nur das Gesetz der Waffe. Ihre Freiheit hat sie mit einem hohen Preis bezahlt: sie hat den Tod ihres Vaters und ihres besten Freundes verschuldet. Sie kann als Frau in dieser Männerwelt nur überleben, indem sie ihre Weiblichkeit bis zu einem gewissen Grad aufgegibt. Belle trägt Männerkleidung, ordnet sich dem Gesetz des Westens, dem ewigen Schwanzvergleich unter. Als sie ihre weiblichen Seiten wieder zulässt, endet sie wie dutzende andere „Belles“ des klassischen Westerns: sie opfert sich auf für einen Mann, lässt sich kleinkriegen, verzichtet auf ihre Selbstbestimmheit, um es dem Mann zu ermöglichen, in den Sonnenuntergang zu reiten. Il mio corpo per un poker ist der Versuch einer Revolution, die sich Kompromiss verliert; eine Revolution des Scheiterns.

Locarno-Tagebuch: Tag 2: Die Musical-Adaption eines Shakespeare-Theaterstücks über einen Porzellansammler aus Rimini, der auch Pornos dreht

Michel Piccoli in "Les Créatures"

Bevor es mit den Filmen losgeht, auch heute noch ein paar Vorbemerkungen zum Festival selbst. Locarno ist ein recht mondäner Badeort und zieht dementsprechendes Publikum an. Das Filmfestival wird, so kommt mir vor, von den gleichen Leuten besucht und das obwohl, ich glaub das kann man so sagen, Filmfestivals durchaus als hipp gelten und andernorts viel junges Publikum anziehen (muss ja nicht immer so eine Hipsterparade wie bei der Viennale sein, aber dennoch).

Eröffnungszeremonie des Filmfestivals Locarno

Eröffnungszeremonie

Obwohl die Sonne Locarno schon frühmorgens verlockend strahlt, versammelt sich doch eine vergleichbar große Schar um neun Uhr im Cinema Ex*Rex (das meinem Eindruck nach, ein stillgelegtes Kino ist, dass nur mehr für dieses Festival seine Pforten öffnet) um Valerio Zurlinis Estate violenta zu bewundern. Und zu bewundern gibt es viel – noch dazu auf 35mm (Daumen hoch, Locarno!): Magische Blicke, großartige Luftangriffe und Kammerspielatmosphäre am Strand Riminis. Selbst die frühe Uhrzeit kann den Effekt dieses Films nicht schmälern – ein guter Start in den Tag.

 Schlangestehen in Locarno

Zwei Stunden später lädt Agnès Varda zu einer Mischung aus Buñuel und Nová Vlna. Spätestens, bei Les Créatures ist die Hütte gut gefüllt und der Film weiß mit einer bildhübschen Catherine Deneuve und allerlei Metafiktion zu überzeugen. Varda hat aber eindeutig bessere Filme in distinkterem Stil in ihrem Repertoire. Ich frage mich bloß, ob Michel Piccoli ausschließlich halbverrückte Charaktere spielt, und deshalb z.B. in quasi jedem Buñuel zu sehen ist, oder ob er ab einem gewissen Zeitpunkt ganz einfach getypecastet wurde. Fragen über Fragen also.

Apropos Metafiktion: Matías Piñeiros Wettbewerbsbeitrag La Princesa de Francia ist auch sehr meta. Das fällt einem zwar erst nach einer Weile so richtig auf, aber spätestens am Ende kapiert man, dass der Film bereits nach etwa fünf Laufzeit seinen Plot verraten hatte. Ähnlich beschwingt und dialoglastig wie Resnais‘ Ayckbourn-Adaptionen kommt La Princesa de Francia daher, immer wieder aber verweilt die Kamera auf Gemälden und Gesichtern und der Dialog tritt in den Hintergrund, wie eine Voice-Over Narration. Passend dazu geht es im Film darum, dass eine Gruppe von Freunden/Schauspielern ein Shakespeare-Radiohörspiel aufnimmt. Das Radio als auditives Nebenbeimedium wird hier filmisch gespiegelt – spannend. Beeindruckend hierbei, dass der Film trotz allem sehr leichtfüßig und spielerisch inszeniert ist (man könnte fast meinen zu spielerisch). Deshalb frage ich mich noch immer, warum Heerscharen an Zusehern die, zugegebenermaßen riesige, Messehalle FEVI, in der das Screening stattfand, während dem Film verlassen (der überdies nur knapp über eine Stunde dauert). Der Film verirrt sich zwar zum Teil in seiner eigenen Raffinesse und seinen multiplen Fiktionsebenen, aber alles in allem kann man ihm ganz gut folgen. Es geht Regisseur Piñeiro offensichtlich nicht bloß darum sein Publikum zu verwirren.

Ein Shakespeare-Radiohörspiel in filmischer Form

La Princesa de Francia

Bei leichtem Nieselregen flüchtete ich mich im Anschluss in Lina Wertmüllers Non Stuzzicate la Zanzara, ein so wahnsinniges Musical, tief dem Geiste der 60er Jahre verschrieben, das man einfach gut finden muss. Ein in Vergessenheit geratenes Stück Trash, dafür aber umso charmanter, das, wie auch „Estate violenta“, in der Retrospektive zur italienischen Produktionsfirma Titanus gezeigt wurde.

Rita Pavone - La Zanzara

Non Stuzzicate la Zanzara

Gar nicht trashig, auch wenn der Name es vermuten lassen könnte, ist Bertrand Bonellos Le Pornographe. Ein Schaulaufen für den französischen Schauspielgroßmeister Jean-Pierre Léaud, der in Locarno für seine Karriere ausgezeichnet wurde. Le Pornographe ist vielleicht einer seiner essentiellsten Spätwerke und alles in allem ein sehr gelungener französischer Autorenfilm. Ein Mann, besser gesagt ein Pornoregisseur, und seine Midlife-Crisis stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Diese Rolle hat Léaud seit den 80er Jahren perfektioniert und das merkt man sehr deutlich. Es ist als würde dieser Mann in seinem Wohnzimmer spielen. Léaud selbst war sogar im Saal anwesend, und murmelt vor Beginn des Films noch ein paar Worte ins Mikro. Er ist kleiner als ich ihn mir vorgestellt habe und sieht etwas ungesund aus.

Den Abschluss des (langen) Tages bildete Utz vom niederländischen Regisseur George Sluizer. Der hat sich dank Armin Mueller-Stahl ins Programm verirrt – der deutsche Schauspieler wurde ebenfalls für seine Karriere geehrt. Der Film, in dem Mueller-Stahl den namensgebenden Titelcharakter, einen tschechischen Porzellansammler, mimt ist ein erträglicher Abschluss für einen langen Tag. In Flashbacks wird Utz‘ Leben nacherzählt und seine Begegnungen mit dem amerikanischen Kunsthändler Fisher (gespielt von „Mr. Sheffield“ Peter Riegert). Nichts Weltbewegendes, und bei Gott kein must-see, aber ein passabler Film für das Abendprogramm eines anspruchsvollen TV-Senders.

Armin Mueller-Stahl in

Utz

PS: Ich habe es geschafft mich hier zu annehmbaren Preisen zu verpflegen. Ein Etappenerfolg sozusagen.