Locke von Steven Knight


Ein Drama im Gewand eines Thrillers, eingesperrt in das eigene Auto und verbunden mit der Außenwelt nur durch das Telefon und eine Freisprechanlage. Müde wandern die Augen von Tom Hardy, der den titelgebenden Ivan Locke über die Neonlichter der Straße. Sein Leben wird sich in nur wenigen Minuten dieses Quasi-Echtzeit-Stücks völlig auf den Kopf stellen. Es ist das Drehbuch, das hier funktionieren muss und das Drehbuch funktioniert auch. Von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselt der Film und trotz eines etwas willkürlichen Endes ist es fantastisch zu verfolgen wie lebendig Film sein kann, obwohl er nur eine Person in ihrem Auto zum Gegenstand hat. Vielleicht zum ersten Mal in seiner Karriere ist Tom Hardy in der Lage einen emotional vielschichten Mann zu spielen. Seine Bewegungen zwischen Schwäche und Stärke tragen den Film und er braucht nur wenige Sekunden, um ein großes Feld an Emotionen zu eröffnen. Seine markante Stimme funktioniert ganz fantastisch für die langen Dialogpassagen. 
Am besten ist „Locke“ immer dann, wenn er sich auf seine Fähigkeiten als Hörspiel verlässt. Die Stimmen am anderen Ende der Leitung, die Schwierigkeiten, die für Locke immer weiter zunehmen, die schnellen und fesselnden Dialoge. Visuell hat man sich ganz im Gegensatz zum Klaustrophobie-Bruder „Buried“ von Rodrigo Cortés keine Besonderheiten einfallen lassen, die ständigen Zwischenschnitte von durch die Nacht schwebenden Lichtern auf der Autobahn sind schlicht und ergreifend obsolet. Irgendwie ist auch der Realismus im Film, der mit ständigen Zeitangaben und dadurch kolportierter Echtzeit nicht ganz echt, weil unnötige Schnitte und ein großer Plan, der hinter den Aktionen steckt  dafür sorgen, dass man mehr einer Geschichte als einer Gegebenheit folgt. Mit Gedanken an Cristi Puius  „Marfa și banii“ wird klar welche Möglichkeiten in einer schlichten Autofahrt von A nach B vorhanden wären, wenn sich der Regisseur etwas mehr zurücknimmt. Trotzdem ist „Locke“ ein gelungener Film, eben auch, weil er einen womöglich modernen Helden zeigt, der sich nicht mehr bewegen muss, um sein Leben zu verändern.
Ivan Locke sieht ganz ähnlich Travis Bickle einmal nervös in den Rückspiegel. Geschickt manövriert sich der Film um mögliche Motive für das Aussteigen aus dem bisherigen Leben, liefert aber genug Vergangenheitsbewältigung, um Ivan Locke zu einer glaubhaften Figur werden zu lassen. Was ihn so glaubhaft macht, ist aber nicht zwangsläufig seine Psychologie, sondern seine Selbstgerechtigkeit. Ähnlich wie der „Taxi Driver“ herrscht hier eine ganz eigene moralische Welt, die im Universum von Locke, eingesperrt in sein eigenen Auto durchaus glaubhaft wird. Nach einer Telefonzelle in „Phone Booth“ von Joel Schumacher und einem Sarg in „Buried“ ist es nun also ein Auto im Genre des Platzangst-Thrillers. Dem realistischeren Setting wird Knight mit einem größeren Fokus auf das Drama gerecht. Dieser Mann, der einen die Schwere des Lebens spüren lässt, wenn er mit seiner Frau streitet und Sekunden später wieder beschwichtigend und liebenswürdig sein muss, um seine schwangere Geliebte zu trösten, um Sekunden später mit seinem Sohn über ein Fußballspiel zu reden, um Sekunden später einen wichtigen Transport für seinen Job zu regeln. Es mag nur eine Fahrt sein, aber es ist eine Achterbahnfahrt.

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