Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

La jalousie von Philippe Garrel


„La jalousie“ ist ein Film über die Ästhetik der Liebe, die nicht in unendlichen Zügen fährt bei Philippe Garrel sondern ganz sprunghaft und dennoch ruhig wechselt, verletzt und tötet. Es geht um den 30-Something Louis, gespielt von Louis Garrel, Sohn des Regisseurs, der seine Frau mit Tochter verlässt und sich einer anderen Liebe, einer gefährlichen Liebe hingibt. Er liebt seine Tochter und auch seine neue Liebe, eine kämpfende Schauspielkollegin von Louis mag das Mädchen. Garrel hat einen lyrischen Film über die kleinen Momente des Betrugs, die kleinen Ausfälle einer Beziehung gedreht, die unbedachten Schritte, die große Schmerzen bereiten. Und auch die großen Dinge, die größere Schmerzen betreiben. Er setzt dabei weniger auf inszeniertes Drama, als simples Understatement. In den schwarz-weißen Bildern liegt gar nicht mal so sehr eine Hommage an ein vergangenes französisches Kino, sondern eher eine persönliche Aufarbeitung der eigenen familiären Vergangenheit (Louis spielt ein Alter Ego des Vaters von Philippe) und die Reduzierung auf die Essenz der Bilder, die Gesichter, die Gesten, den Ton. Es ist eine ruhige, persönliche Geschichte, die einem erzählt wird, wie wenn man nachts lange zusammen im Bett liegt, ganz unaufgeregt, aber dennoch ehrlich. Allerdings rückt Garrel nie bis ganz zur Schmerzgrenze, weil er scheinbar Probleme hat seine Hauptfigur zu verstehen. 
In seiner durch Casting und Drehbuch proklamierten Verschränkung von Diegese und persönlichem Leben liegt auch eine Falle für „La jalousie“. Denn statt einen fiktiven Charakter vor sich zu sehen, erwischt man sich beim Gedanken an den Wahrheitsgehalt der Geschichte und man wird das Gefühl nicht los, dass Garrel hier versucht hat seine eigene Familiengeschichte zu verstehen, nur eben ziemlich erfolglos. Er kommt diesem Louis niemals wirklich nahe, obwohl er ihn in intimen Szenen filmt. Distanz ist spürbar und das ist zugleich der interessanteste als auch der frustrierendes Aspekt des Films; interessant, weil es wohl die Persönlichkeit des Regisseurs und der Figur charakterisiert, frustrierend, weil der Film so von Zeit zu Zeit zur belanglosen, ästhetischen Nostalgieübung verkommt und nur auf Oberflächen träumt. Die etwas wilden Zeitsprünge am Ende tragen noch weiter zur Distanzierung bei und als der Schmerz der Liebe unerträglich wird, als Eifersucht gewinnt, spürt man dabei nur Schönheit. Es ist das Kino eines abgezockten Filmemachers, der kaum mehr Interesse daran hatte die Geschichte zu durchdringen. Aber es ist dennoch ein sehr intelligentes, charmantes Stück Film über die Liebe. Als die Tochter mit der Mütze der neuen Freundin ihres Vaters zu ihrer Mutter nach Hause kommt und Garrel auf dem Gesicht der Mutter ruht, erkennt man die Schmerzen, die Trennungen, Affären und die Liebe selbst mit sich bringen. 
Wie schwer greifbar alles ist, macht der Film sichtbar. Einmal kommt es zu einem Kuss zwischen Louis und einer weiteren Schauspielkollegin. Ein flüchtiger Kuss, so wie alles flüchtig scheint. An dem Abend, an dem vielleicht etwas passieren könnte, gibt sich die junge Frau plötzlich widerwillig den Anwerbungen eines anderen Mannes hin als Louis gerade an ihr vorbeigeht. Wer weiß was hätte passieren können, wenn was passiert wäre und überhaupt weiß man nie so Recht, weil keiner weiß, was er eigentlich will. Die Bilder stammen übrigens aus der Kamera von Willy Kurant, der schon für Godards „Masculin féminin“ in schwarz-weißen Bildern distanzierte, philosophische, unbestimmte Liebe aufgehen ließ. Am Ende-und dass ist das eigentlich schockierende-ist alles Alltag. Vielleicht hat Garrel keinen Film über die Liebe gemacht sondern ihre Abwesenheit. Ein Fehlen von Emotionen, die ewig in den Figuren liegen und wachsen bis sie fatal ausbrechen.  Ich werde das Bild dieser Mutter nicht los, die sich von ihrer Tochter erzählen lässt, wie ihr Tag mit dem Vater und seiner neuen Freundin war. Denkt man beim Titel womöglich an Alain Robbe-Grillet und seinen gleichnamigen Roman und die Doppelbedeutung von „Jalousie“, dann wird klar, dass Garrel eben doch durch ein Fenster auf die Vergangenheit blickt. Es bleibt dem Zuseher überlassen, ob dieses Fenster die Distanz und Flüchtigkeit der Liebe ausmacht oder ob es die Liebe selbst ist, die distanziert und flüchtig bleibt.